Dienstag, 10. Februar 2015

Dienstag, 10.02.2015



Es ist die erste Nacht in der ich mal wieder fast durchschlafen konnte und auch sonst geht es mir wieder besser. Da wir uns hier auf über 1.000 Meter befinden ist es merklich kühler, was zum Schlafen angenehmer ist. Heute Morgen ist es noch bedeckt und frisch. Das Personal läuft mit Mützen und dicken Jacken rum und auch wir haben inzwischen unsere Socken und Pullover ausgepackt.
Für heute steht die Erkundung von Bontoc auf unserem Programm und wir werden auch Christians Familie treffen. Zum Frühstück lernen wir als erstes Debora kennen, seine jüngste Tochter. Sie ist erst zwei und da das Kindermädchen verreist ist begleitet sie heute ihren Papa. Christians Frau Nicola stößt dann auch noch zu uns und wir erhalten von den beiden via Powerpoint eine Einführung über ihr Leben und ihre Arbeit hier. Danach machen wir uns zu Fuß auf den Weg abwärts in die „Stadtmitte“ von Bontoc. Da die Stadt praktisch am Hang klebt gibt es außer fahren nur noch zwei Möglichkeiten zu Fuß nach unten zu kommen: über die Straße, die sich in engen Serpentinen windet, oder über Treppen, die die einzelnen Ebenen miteinander verbinden. Wer schon mal in Oberreifenberg vom Friedhof bis nach Niederreifenberg zur Hauptstraße über die Treppen gelaufen ist kann sich ungefähr vorstellen wie das aussieht. Hier sind die Stufen aber nicht so breit und regelmäßig und auch der Tritt ist nicht so tief da die Filipinos in der Regel kleiner sind und nicht so große Füße haben. Also ist dieser Abstieg für uns eine echte Herausforderung. Zumal die Wolken sich gelichtet haben und die Sonne inzwischen wieder scheint was uns zusätzlich ins Schwitzen bringt.
Erstes Ziel ist das Haus von Christian und Nicola, das aufgrund seiner braunen Farbe hier nur das Chocolathouse genannt wird. Hier lassen wir schon mal die mitgebrachten Geschenke. Dann geht es weiter zur Schule. Dort holen wir die beiden älteren Töchter der beiden, Tabea (7) und Salome (4), ab. Dann gehen wir gemeinsam zum Markt, wo wir in einer der zahlreichen Garküchen zu Mittag essen. Nach einem kurzen Gang durch die Markthalle müssen wir Tabea wieder zurückbringen, da um 13.30 Uhr der Nachmittagsunterricht beginnt. Salome zeigt uns noch ihren Platz in der Vorschulklasse.
Dann besuchen wir das Bontoc-Museum, das praktischerweise direkt neben der Schule liegt. Hier hat eine Ordensschwester viele Alltagsgegenstände der indigenen Bevölkerung gesammelt und eine wirklich beeindruckende Ausstellung zusammen getragen. Die indigenen Bergvölker der Mountain Province standen nicht, wie die Bewohner der Tieflandprovinzen wie z.B. Pangasinan, unter dem Einfluss der Spanier, da diese nicht in diese Regionen gekommen sind. So ist vieles hier noch viel ursprünglicher und die alte Kultur wird zum Teil noch gelebt. Die Christianisierung begann erst am Anfang des 20. Jahrhunderts durch belgische Ordenspriester. Diese wurden auch nur deshalb akzeptiert, da sie kein Spanisch sprachen. Bis dahin gab es sogar noch Kopfjäger. Wer seinen Feind tötete und dessen Kopf abtrennte, um ihn zu konservieren, war ein angesehener Mann. Ich konnte es fast nicht glauben aber es gibt davon tatsächlich auch Bilder in dem Museum. Im Außenbereich ist ein kleines Musterdorf aufgebaut mit verschiedenen Hütten aus Holz mit Grasdach. In vielen Gegenden leben die Menschen noch in solchen Häusern, aber auch hier hat die Wellblecharchitektur schon Einzug gehalten. Und natürlich gibt es heute keine Kopfjäger mehr!
Dafür gibt es hier aber die modernen Jäger (z.B. Minengesellschaften aus Korea oder anderen Industrieländern), die versuchen an die Rohstoffe dieser Region zu kommen und keine Mittel scheuen die Bergvölker über den Tisch zu ziehen.
Nach diesem wirklich sehr informativen Teil über die Geschichte wenden wir uns wieder der Gegenwart zu und sehen uns die katholische Kirche an. Es ist ein quadratischer Steinbau mit vier Türmen. Im Innenraum finden sich viele Elemente der indigenen Kultur wieder. So ähneln z.B. die Treppenstufen im Altarraum den Mauern der Reisterassen und große Weinkrüge aus Ton werden als Weihwasserbehälter verwendet.
Mit einem kurzen Abstecher in einen Souvenirshop und Besorgungen für die Merienda beenden wir unser Tagesprogramm und steigen in drei Tricyles die uns (fast) bis zum Chocolathouse bringen. Dann steigen wir wieder die 100 Stufen hinab und setzten uns zum Kaffeetrinken in den kleinen Garten. Dazu gibt es den wunderbaren Kuchen von gestern, Mangos und Vanilleeis. Wir genießen die Leckereien und die wunderbare Aussicht auf Bontoc und die Berge. Für unsere Zeit hier hatten wir uns vorgenommen mal einen Obsttag einzulegen, aber daraus wird wohl nichts bei den vielen kulinarischen Versuchungen.
Noch bevor es dunkel wird machen wir uns dann wieder auf den Weg zu unserer Unterkunft, die nicht weit entfernt liegt. Als wir den Aufstieg endlich geschafft haben muss Vanessa feststellen, dass sie ihren Rucksack vergessen hat in dem sich auch ihr Zimmerschlüssel befindet – also muss sie den ganzen Weg nochmal zurück.
Zum Abendessen treffen wir auch wieder unseren Fahrer Ruben, der sich nach dem gestrigen anstrengenden Tag heute mal ausgeruht hat. Morgen muss er wieder fit sein, denn wir fahren nach Sagada.

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