Es ist die erste Nacht in der ich mal wieder fast
durchschlafen konnte und auch sonst geht es mir wieder besser. Da wir uns hier
auf über 1.000 Meter befinden ist es merklich kühler, was zum Schlafen angenehmer
ist. Heute Morgen ist es noch bedeckt und frisch. Das Personal läuft mit Mützen
und dicken Jacken rum und auch wir haben inzwischen unsere Socken und Pullover
ausgepackt.
Für heute steht die Erkundung von Bontoc auf unserem
Programm und wir werden auch Christians Familie treffen. Zum Frühstück lernen
wir als erstes Debora kennen, seine jüngste Tochter. Sie ist erst zwei und da
das Kindermädchen verreist ist begleitet sie heute ihren Papa. Christians Frau Nicola
stößt dann auch noch zu uns und wir erhalten von den beiden via Powerpoint eine
Einführung über ihr Leben und ihre Arbeit hier. Danach machen wir uns zu Fuß auf
den Weg abwärts in die „Stadtmitte“ von Bontoc. Da die Stadt praktisch am Hang
klebt gibt es außer fahren nur noch zwei Möglichkeiten zu Fuß nach unten zu
kommen: über die Straße, die sich in engen Serpentinen windet, oder über
Treppen, die die einzelnen Ebenen miteinander verbinden. Wer schon mal in
Oberreifenberg vom Friedhof bis nach Niederreifenberg zur Hauptstraße über die
Treppen gelaufen ist kann sich ungefähr vorstellen wie das aussieht. Hier sind
die Stufen aber nicht so breit und regelmäßig und auch der Tritt ist nicht so
tief da die Filipinos in der Regel kleiner sind und nicht so große Füße haben.
Also ist dieser Abstieg für uns eine echte Herausforderung. Zumal die Wolken
sich gelichtet haben und die Sonne inzwischen wieder scheint was uns zusätzlich
ins Schwitzen bringt.
Erstes Ziel ist das Haus von Christian und Nicola, das
aufgrund seiner braunen Farbe hier nur das Chocolathouse genannt wird. Hier
lassen wir schon mal die mitgebrachten Geschenke. Dann geht es weiter zur
Schule. Dort holen wir die beiden älteren Töchter der beiden, Tabea (7) und
Salome (4), ab. Dann gehen wir gemeinsam zum Markt, wo wir in einer der
zahlreichen Garküchen zu Mittag essen. Nach einem kurzen Gang durch die
Markthalle müssen wir Tabea wieder zurückbringen, da um 13.30 Uhr der
Nachmittagsunterricht beginnt. Salome zeigt uns noch ihren Platz in der
Vorschulklasse.
Dann besuchen wir das Bontoc-Museum, das praktischerweise
direkt neben der Schule liegt. Hier hat eine Ordensschwester viele
Alltagsgegenstände der indigenen Bevölkerung gesammelt und eine wirklich
beeindruckende Ausstellung zusammen getragen. Die indigenen Bergvölker der
Mountain Province standen nicht, wie die Bewohner der Tieflandprovinzen wie
z.B. Pangasinan, unter dem Einfluss der Spanier, da diese nicht in diese
Regionen gekommen sind. So ist vieles hier noch viel ursprünglicher und die
alte Kultur wird zum Teil noch gelebt. Die Christianisierung begann erst am
Anfang des 20. Jahrhunderts durch belgische Ordenspriester. Diese wurden auch
nur deshalb akzeptiert, da sie kein Spanisch sprachen. Bis dahin gab es sogar
noch Kopfjäger. Wer seinen Feind tötete und dessen Kopf abtrennte, um ihn zu
konservieren, war ein angesehener Mann. Ich konnte es fast nicht glauben aber
es gibt davon tatsächlich auch Bilder in dem Museum. Im Außenbereich ist ein
kleines Musterdorf aufgebaut mit verschiedenen Hütten aus Holz mit Grasdach. In
vielen Gegenden leben die Menschen noch in solchen Häusern, aber auch hier hat
die Wellblecharchitektur schon Einzug gehalten. Und natürlich gibt es heute
keine Kopfjäger mehr!
Dafür gibt es hier aber die modernen Jäger (z.B.
Minengesellschaften aus Korea oder anderen Industrieländern), die versuchen an
die Rohstoffe dieser Region zu kommen und keine Mittel scheuen die Bergvölker
über den Tisch zu ziehen.
Nach diesem wirklich sehr informativen Teil über die
Geschichte wenden wir uns wieder der Gegenwart zu und sehen uns die katholische
Kirche an. Es ist ein quadratischer Steinbau mit vier Türmen. Im Innenraum
finden sich viele Elemente der indigenen Kultur wieder. So ähneln z.B. die
Treppenstufen im Altarraum den Mauern der Reisterassen und große Weinkrüge aus
Ton werden als Weihwasserbehälter verwendet.
Mit einem kurzen Abstecher in einen Souvenirshop und
Besorgungen für die Merienda beenden wir unser Tagesprogramm und steigen in
drei Tricyles die uns (fast) bis zum Chocolathouse bringen. Dann steigen wir
wieder die 100 Stufen hinab und setzten uns zum Kaffeetrinken in den kleinen
Garten. Dazu gibt es den wunderbaren Kuchen von gestern, Mangos und Vanilleeis.
Wir genießen die Leckereien und die wunderbare Aussicht auf Bontoc und die
Berge. Für unsere Zeit hier hatten wir uns vorgenommen mal einen Obsttag
einzulegen, aber daraus wird wohl nichts bei den vielen kulinarischen
Versuchungen.
Noch bevor es dunkel wird machen wir uns dann wieder auf den
Weg zu unserer Unterkunft, die nicht weit entfernt liegt. Als wir den Aufstieg
endlich geschafft haben muss Vanessa feststellen, dass sie ihren Rucksack
vergessen hat in dem sich auch ihr Zimmerschlüssel befindet – also muss sie den
ganzen Weg nochmal zurück.
Zum Abendessen treffen wir auch wieder unseren Fahrer Ruben,
der sich nach dem gestrigen anstrengenden Tag heute mal ausgeruht hat. Morgen
muss er wieder fit sein, denn wir fahren nach Sagada.