Mittwoch, 5. Februar 2014

Bani / Centro Toma



Samstag, 1.02.2014 – Montag, 3.02.2014
Zum ersten Mal bin ich alleine unterwegs nach Bani. Keine Reisegruppe und kein Reiseleiter, die mir zur Seite stehen könnten. Es beginnt schon damit, dass ich mich Samstagvormittag nur bis zur U-Bahnhaltestelle „HOHEMARK“ der U3 in Oberursel bringen lasse – ab da fahre ich alleine zum Flughafen. An sich ist das für mich keine große Herausforderung, bin ich doch ÖPNV-erprobt. Aber Bauarbeiten im S-Bahn-Tunnel, Verspätungen und eine überfüllte S8 Richtung Flughafen machen die Sache auch für mich wieder spannend. Da ich genug Zeit eingeplant habe bin ich rechtzeitig zum Einchecken am Flughafen. Die Schlange vor dem Schalter der Qatar-Airways ist zwar ziemlich lang, aber es geht doch überraschend schnell. Nach der üblichen Sicherheits- und Passkontrolle habe ich dann noch genug Zeit bis zum Boarding. Die 6 Stunden nach Doha vergehen tatsächlich „wie im Flug“ – und nach 3 Stunden Wartezeit startet der Flug nach Manila fast pünktlich. Ich kann ca. 4 Stunden schlafen, so dass ich zwar nicht komplett ausgeruht, aber wach in Manila ankomme. Dort werde ich schon von Dulce und Nito erwartet. Zusammen mit ihren Kindern und Begleitung holen sie mich ab und bevor wir nach Bani fahren, treffen wir uns noch in einer der zahlreichen Malls (Einkaufszentrum) von Manila mit Dulces älterer Schwester und deren Mann zum Dinner. Nach einer mehr als 5-stündigen Fahrt kommen wir dann gegen 23.30h in Bani an. Ich wohne bei Ate Lita, die uns schon sehnsüchtig erwartet. Nach einer kurzen herzlichen Begrüßung gehen wir schlafen, denn der Tag war lang und anstrengend.
Montag früh bin ich schon um 7.00h wach – trotz Zeitverschiebung und Jetlag. Nach einem ausgiebigen Frühstück verbringen Lita und ich den Vormittag ganz gemütlich mit Austausch über die Ereignisse des vergangenen Jahres. So merken wir nicht, dass es schon Zeit zum Mittagessen ist, bis Fr. Jonas eine Nachricht schickt, dass wir zum Lunch erwartet werden. Schnell machen wir uns auf den Weg zur Kirche. Dort angekommen muss ich vor dem Essen noch die voranschreitenden Bauarbeiten an der Kirche bewundern. Der neue Anbau an die Kirche ist wirklich beeindruckend und man kann sich jetzt schon gut vorstellen wie es einmal aussehen wird wenn er fertig ist. Sehr gut gefällt mir das neue Kreuz. Fr. Jonas hat sich hier von dem von Thomas Eckermann gestifteten Kreuz auf dem Großen Feldberg inspirieren lassen. Ich finde es schafft eine ganz besondere Verbindung zwischen den Partnergemeinden Schmitten und Bani.
Nach dem Mittagessen, das wir mit Nachtisch und Kaffee bis in den frühen Nachmittag  verlängern, besprechen wir die Planung für die Zeit meines Aufenthaltes in Bani. Anschließend fahren wir nach Alaminos wo ich im Pastoral Center Geld tauschen kann und mir anschließend in der Mall noch eine philippinische SIM-Karte besorge. So kann ich vor Ort für kleines Geld Kontakt halten und muss mein Konto nicht mit den teuren Rooming-Tarifen strapazieren. Es ist derzeit also nicht möglich mich über Handy zu erreichen, da ich alle Dienste abgeschaltet habe.
Ab Dienstag wird das Programm für mich etwas straffer, es bleibt aber zwischendurch noch genug Zeit zum ausruhen. Ganz so, wie ich es mir gewünscht habe, entfällt der „große Bahnhof“ und ich kann mir in den nächsten Tagen einen Eindruck über den Stand und den Fortschritt der verschiedenen Projekte machen. Also, lieber LeserInnen, dran bleiben – die nächsten Berichte werden sicher interessant!

Dienstag, 4.02.2014
Das Programm des heutigen Tages widmet sich ganz dem Projekt der behinderten Kinder. Eigentlich sind inzwischen daraus zwei Projekte geworden. Begonnen hatte alles mit dem STAC-Program (Stimulation and Activity Center for Special Children). Dieses Programm wurde seinerzeit von der Zivilgemeinde Bani zusammen mit einer dänischen Organisation gestartet. Nachdem die Dänen sich aus dem Projekt zurückzogen, ist die Kirchengemeinde Bani hier aktiv geworden. Das war etwa zur gleichen Zeit als die Schmittener Gemeinden sich entschlossen haben die Partnerschaft mit Bani zu beginnen. Zuerst gab es nur einen kleinen Therapieraum in der Stadtmitte von Bani. Da es aber noch mehr behinderte Kinder in den sog. „Uplands“ gibt, die den weiten Weg nach Bani zu Therapie nicht regelmäßig kommen können, entschloss man sich im Centro Toma eine weitere Therapiegruppe einzurichten. Zu Beginn fand die Therapie hier in der Markthalle statt, inzwischen gibt es ein Health Center (Gesundheitszentrum), gebaut von der Zivilgemeinde, das von der Therapiegruppe  genutzt werden kann. Die Gruppentreffen finden aber nach wie vor in der Markthalle statt.
Den Therapieraum in der Stadtmitte gibt es seit einiger Zeit nicht mehr, da die meisten Kinder sowieso von außerhalb kamen. Stattdessen wurde vor etwa 5 Jahren in der Bani East Integrated School die SPED-Class eingerichtet (Special Education), die von Madame Pinky geleitet wird. Eine, wie ich finde, sehr engagierte Lehrerin, die sich zusammen mit dem taubstummen Lehrer A… um die derzeit insgesamt 35 SchülerInnen kümmert. Die Gruppe setzt sich zusammen aus Kindern verschiedenen Alters und verschiedener Behinderungen:  Taubstumme, Blinde, geistig und körperlich Behinderte u.a. werden gemeinsam unterrichtet. In zwei Schichten besuchen die Kinder den Unterricht, die eine Hälfte vormittags bis zum Lunch, die andere Hälfte nachmittags. Die meisten Kinder werden immer begleitet von einem Familienmitglied, das während des Unterrichts anwesend ist und sich auch um das Mittagessen kümmert.
Unser erster Besuch heute Vormittag gilt der SPED-Class. Wir sind um 9.45h mit der Schuldirektorin verabredet. Gemeinsam besuchen wir die Klasse. Da Walter Henkes und ich letztes Jahr schon mal hier waren werde ich von einigen wieder erkannt. Madame Pinky freut sich sehr über die Buntstifte, die ich mitgebracht habe. Finanziert wurden diese Stifte aus einer Privatspende von Frau Demer aus Mengerskirchen. Des Weiteren konnte ich eine Spende aus dem Benefizkonzert des Männergesangvereines und der Zimbächer Musikanten Mengerskirchen von 965,- Eur übergeben. Dieses Geld wird u.a. für den Bau eines Sanitärraumes für die SPED-Class verwendet. Derzeit liegt die Toilette innerhalb des Klassenraumes was zwar praktisch aber nicht unbedingt hygienisch ist. Geplant ist ein Anbau an den Klassenraum mit Toilette, Dusche und Waschbecken. Dadurch wird auch im Klassenraum wieder Platz gewonnen und einer Anschaffung von dringend benötigten Tischen und Stühlen steht dann nichts mehr im Weg.

Madame Pinky liebt ihre SchülerInnen und versucht alles um ihnen Erfolgserlebnisse zu verschaffen. Ihr aktuelles Projekt: Teilnahme an einem Wettbewerb im Bocchia spielen. Einige der SchülerInnen mit Downsyndrom sind wohl sehr gut darin. Allerdings fehlen ihr dazu richtige Bocchiakugeln. Ich habe ihr versprochen, dass ich versuche diese zu organisieren. Falls also jemand von meinen LeserInnen noch ein paar Kugeln im Keller hat, die seit Jahren nicht benutzt werden und entbehrlich sind – bitte bei mir melden! Ich organisiere gerne die Abholung und den Transport nach Bani.
Nach den Mittagessen fahren wir dann ins Centro Toma. Mit uns kommen 4 Studentinnen, die im Rahmen ihres Sozialarbeit-Studiums eine Auswertung der Arbeit der letzten 5 Jahre im Centro Toma anfertigen werden. Außerdem begleitet uns Alan, der Sohn von Dr. Pio, der heute für die Therapie zuständig ist. Nach der Begrüßung durch Dulce dürfen sich alle Gäste vorstellen und ein paar kurze Worte sagen, dann beginnen die 4 Studentinnen auch schon mit ihrer Arbeit. Zuerst befragen sie die anwesenden Kinder über ihr derzeitiges Befinden, wie es ihnen vor 5 Jahren gegangen ist und was sie sich für die Zukunft wünschen. Je nach Fähigkeit schreiben oder malen die Kinder ihre Antworten. Dazu können sie schon die Buntstifte benutzen, die ich auch für diese Kinder von der Privatspende aus Mengerskirchen finanziert habe. Im Anschluss werden die einzelnen Ergebnisse der Gruppe vorgetragen. Nach einer kurzen Spielpause beginnt dann die Befragung der anwesenden Mütter mit der Vorstellung auch dieser Resultate – diesmal von den Müttern selbst. Noch während ihres Vortrages bricht die erste Mutter in Tränen aus und so geht es dann immer weiter. Alle sitzen da und heulen – aber es ist keine Traurigkeit sondern es sind Freudentränen die hier vergossen werden, denn für alle hat sich das Leben zum Besseren gewandelt. Eine Mutter vergleicht ihr Leben mit einer Frucht, die früher sauer war und jetzt süß geworden ist. Selten habe ich so Etwas erlebt – auch wenn ich kein Tagalog verstehe kommen diese Emotionen doch direkt bei mir an.
Schnell verfliegt die Zeit und wir müssen uns verabschieden. Allerdings nicht ohne das Versprechen bald wieder zu kommen. Es ist immer wieder eine Freude hierher zu kommen und zusehen welche Fortschritte diese Kinder machen. Nicht zuletzt auch durch die finanzielle Unterstützung unserer SpenderInnen. An dieser Stelle möchte ich ganz herzlich der Gemeinde Waldernbach für ihre Spende über 1.800,- Eur danken, die in diesem Projekt sicher gut angelegt sind.
Mittwoch, 5.02.2014
Ganz Bani ist in diesen Tag eifrig dabei das Pacwan-Festival vor zu bereiten (Fest der Wassermelonen). Seit Anfang der Woche wird in der Schule für den Wettbewerb der Trommler und Fahnenschwenker geprobt und die Stadt putzt sich heraus für die Festtage, die heute beginnen. Dazu später mehr.
Unbeeindruckt von all diesen Aktivitäten machen wir uns heute Vormittag auf den Weg in die Barangay Bugtong um an dem dortigen Feedingprogram teil zu nehmen. Auch eines unserer Projekte, das wir seit Beginn der Partnerschaft unterstützen. Mit Unterbrechung im Schuljahr 2011/2012 ist das seit 2007 das vierte Programm dieser Art. Schon der Weg dorthin ist ein Erlebnis für sich. Ich bin ja schon vorgewarnt worden, die Straße sei sehr staubig, und das entspricht auch wirklich den Tatsachen. Nachdem wir von der Hauptstraße abbiegen und eine mehr als abenteuerliche Brücke überquert haben, beginnt der „Aufstieg“ nach Bugtong über eine staubige Piste die teilweise wie ein Tunnel ohne Deckel in die Landschaft geschnitten wurde. Es gibt kaum Steine, dafür aber sehr lehmigen Boden der sich unter den Reifen unseres 4-Gang-getriebenen Busses zu einer feinen Staubwolke entwickelt. Da ich vorne beim Fahrer sitzen darf bin ich davon nicht betroffen, aber alle die hinten auf der offenen Ladefläche sitzen hüllen sich in Tücher um nicht zu viel von dem Staub zu schlucken. Man kann sich vorstellen was bei Regen mit dieser Straße passiert: sie verwandelt sich in eine nur zu Fuß und mit Mühe passierbare Schlammrutschbahn.
Nach ca. 45 Minuten erreichen wir die Elementary School von Bugtong, wo wir schon von der Schulleiterin und drei weiteren LehrerInnen erwartet werden. In der Schule werden insgesamt 48 Kinder der verschiedenen Altersstufen in 3 gemischten Klassen unterrichtet; jeweils 1.+2., 3.+4. und 5.-6. Klasse zusammen. Außerdem gibt es noch die sog. „Kinder“-Klasse mit drei 5-jährigen – man könnte das als Vorschule betrachten. Als wir ankommen ist gerade noch Unterricht, aber die LehrerInnen verlassen wie selbstverständlich die Klassenräume um uns zu begrüßen. Die Kinder bleiben die ganze Zeit alleine in den Klassenräumen und arbeiten weiter. Ich glaube das wäre bei uns nicht möglich.
Das Feedingprogram beinhaltet finanzielle Hilfe zum täglichen Mittagessen für alle Kinder und Schulung der Eltern bzgl. „gesundes Kochen“. An den fünf Schultagen sind jeweils 2 Eltern für die Zubereitung des Mittagessens verantwortlich. Am Anfang der Woche wird ein Kochplan erstellt nach dem dann auch die Zutaten gekauft werden. Zu Beginn des Feedingprogram im Juni 2013 waren 80 % dieser Kinder untergewichtig und mangelernährt. Heute haben alle das altersgemäß normale Mindestgewicht und auch ihr Gesamtzustand hat sich verbessert. Die Schulleiterin dokumentiert die Entwicklung in einem 4-wöchigen Bericht mit genauer Gewichtskontrolle aller Kinder. Ein weiterer Vorteil dieses gemeinsamen Mittagessens ist, dass die Kinder  in der Pause nicht nach Hause müssen und daher auch zum Nachmittagsunterricht in der Schule sind.
Nach einer Vorstellungsrunde und dem Bericht der Schulleiterin über die Fortschritte der Kinder nehmen wir teil an dem Mittagessen. Zuerst essen natürlich die Kinder – alle in ihren Klassenräumen. Danach können wir das von den Eltern zubereitete Gericht probieren. Natürlich gibt es jede Menge Reis, dazu eine Art Fleisch/Gemüse-Topf. Wir verbringen den Rest der Pause in gemütlicher Runde unter einem großen Mangobaum und als der Unterricht um 13.00h wieder beginnt machen wir uns auf den Rückweg nach Bani.
Da wir erst am Abend wieder zum Essen bei Dulce und Nito verabredet sind nutzen Lita und ich den Nachmittag zum Ausruhen. Endlich komme ich dazu das mitgebrachte Buch anzufangen. Lita macht ein kleines Nickerchen und vergisst darüber ganz, dass sie als Lektorin für den Nachmittags-gottesdienst eingeteilt ist. Erst als wir uns fürs Abendessen fertig machen fällt es ihr wieder ein!
Wir werden von Nito abgeholt und auf dem Weg zu seinem Haus holen wir noch Schwester Maribelle, Schwester Anna und Schwester Colette ab, die auch in unserer Straße wohnen und sammeln Dr.Pio an der City Hall auf. Wir verbringen gemeinsam einen lustigen Abend bei Nito und Dulce, zu dem sich etwas später auch noch Fr. Jonas und Fr. Divino gesellen. Erst um 21.00h kommen wir zurück nach Hause – satt und müde.
Ps: Sorry, dass ich erst so spät diese Berichte veröffentlichen kann, aber ich hatte lange keinen Internetzugang. Ich hoffe das bessert sich in den nächsten Tagen.

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